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Wann darf ein Wettbewerbsverband Influencer abmahnen?

Aktualisiert: 27. Apr.

Diese und weitere Fragen beantwortet der BGH in den Leitsätzen zum Influencer I Urteil - Hierüber berichtete Kanzlei .de bereits im Blog Beitrag zum Thema Tap Tags


IT-Recht .de LEGAL

Hier die Leitsätze zum BGH Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 90/20 - OLG Braunschweig - LG Göttingen:


1. Geht ein klagender Wettbewerbsverband gegen geschäftliche Handlungen der Be-klagten zugunsten des eigenen Unternehmens sowie zugunsten fremder Unter-nehmen vor, muss der Kläger sowohl über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern verfügen, die in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu der Beklagten stehen, als auch über solche, die in einem entsprechenden Wett-bewerbsverhältnis zu den geförderten Drittunternehmen stehen.


2. Eine Influencerin, die Waren und Dienstleistungen anbietet und über ihren Auftritt in sozialen Medien (hier: Instagram) bewirbt, nimmt mit ihren in diesem Auftritt ver-öffentlichten Beiträgen regelmäßig geschäftliche Handlungen zugunsten ihres ei-genen Unternehmens vor.


3. Erhält eine Influencerin für einen werblichen Beitrag in sozialen Medien eine Ge-genleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar.


4. Erhält eine Influencerin für einen in sozialen Medien veröffentlichten Beitrag mit Bezug zu einem Drittunternehmen keine Gegenleistung, stellt diese Veröffentli-chung eine geschäftliche Handlung zugunsten des Drittunternehmens dar, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt (Fortführung von BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Rn. 23 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten).


5. Ob ein Beitrag einer Influencerin in sozialen Medien einen zur Annahme einer ge-schäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen werblichen Überschuss enthält, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwir-kens der Gestaltungsmerkmale (z.B. gepostete Produktfotos, redaktioneller Kon-text, Verlinkung auf Internetseiten von Drittunternehmen) zu beurteilen. Der Um-stand, dass die Influencerin Bilder mit "Tap Tags" versehen hat, um die Hersteller der abgebildeten Waren zu bezeichnen, genügt als solcher nicht, um einen werb-lichen Überschuss der Instagram-Beiträge anzunehmen. Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhaltet hingegen regel-mäßig einen werblichen Überschuss, auch wenn auf der verlinkten Seite des Her-stellers der Erwerb von Produkten nicht unmittelbar möglich ist.


6. Der nach § 5a Abs. 6 UWG erforderliche Hinweis auf den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung muss so deutlich erfolgen, dass er aus der Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständi-gen Verbrauchers, der zur angesprochenen Gruppe gehört, auf den ersten Blick und zweifelsfrei hervortritt. Der im Textteil eines in sozialen Medien veröffentlichten Beitrags erscheinende Hinweis auf den kommerziellen Zweck reicht regelmäßig nicht aus, um den kommerziellen Zweck eines auf der neben dem Text angeord-neten Abbildung erscheinenden "Tap Tags" als Werbung zu kennzeichnen.


7. Der kommerzielle Zweck eines in sozialen Medien veröffentlichten werblichen Bei-trags einer Influencerin zugunsten eines Drittunternehmens ergibt sich nicht im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG unmittelbar aus dem Umstand, dass die Influencerin nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten ihres eigenen Unter-nehmens handelt. Es reicht nicht aus, dass sich für die Adressaten aus den Um-ständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.


8. Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines die Verlinkung auf die Internetseite eines Drittunternehmens enthaltenden "Tap Tags" ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - das Anklicken des Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.


Hier gehts zum Urteil.


Hast du Fragen hierzu? Schreib uns gerne eine Nachricht an info@kanzlei-de.de


📸 Foto von Maddi Bazzocco auf Unsplash.




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